Wenn ich heute mit Besucherinnen und Besuchern durch Frankfurt spaziere, staunen viele über die gläsernen Türme, die schicken Cafés und die ewige Parkplatzsuche. Kaum jemand ahnt, dass hier, mitten in der Stadt, ein Stück deutscher Verkehrsgeschichte geschrieben wurde – und zwar schon 1956.
Damals weihte Oberbürgermeister Walter Kolb voller Stolz an der Hauptwache Deutschlands erstes öffentliches Parkhaus ein. 400 Autos und 70 Motorräder fanden darin Platz – ein echtes Statement in einer Zeit, in der das Auto noch Symbol für Aufbruch und Wohlstand war. Kolb versprach bei der Eröffnung: „Wir werden weitere Parkhäuser errichten und damit beweisen, dass wir die Zeichen der Zeit verstanden haben.“
Und das war durchaus wörtlich zu nehmen: Nach dem Krieg verwandelten sich viele Trümmergrundstücke in provisorische Parkflächen. Doch mit dem Wiederaufbau verschwanden diese Freiräume – die Stadt musste neue Lösungen finden.
Nichts für schwache Nerven
Die Idee war modern, der Mut der Fahrer dagegen eher verhalten. Wer sich die acht Prozent steile Auffahrtsspirale hinauftraute, musste anschließend noch rechtwinklig millimetergenau zwischen grauen Betonsäulen einparken – nichts für schwache Nerven oder frisch polierte Stoßstangen. Kein Wunder, dass manche lieber einen Bogen um das neue Parkhaus machten und so trotz allem Optimismus das Parkhaus zunächst anfangs wenig genutzt wurde.
Luxus des Parkens
Auch die Preise hatten es in sich. Eine Stunde Parken kostete 20 Pfennig, der ganze Tag 3 Mark – in Zeiten, in denen ein Industriearbeiter rund 2,17 Mark pro Stunde verdiente. Parken war also ein kleines Statussymbol, etwas für Geschäftsleute, die ihre Borgward oder Opel Kapitän sicher abstellen wollten.
Doch Frankfurt war in Sachen Parkdisziplin schon früher experimentierfreudig. Bereits 1954 hatte die Stadt als erste in Deutschland Parkuhren eingeführt – kleine, glänzende Automaten, die eifrig 5- und 10-Pfennig-Stücke verschluckten. Wer nicht bezahlte, bekam schnell Besuch vom Ordnungshüter.
Vom Experiment zum Alltag
Heute wirkt ein Parkhaus wie etwas Selbstverständliches – man fährt hinein, drückt auf den Knopf, zieht sein Ticket, fertig. Aber damals war es ein Stück Zukunft, ein Signal für Fortschritt und Ordnung im beginnenden Autozeitalter.
Wenn ich mit Gruppen an diesem Ort vorbeikomme, stelle ich mir oft vor, wie die Frankfurterinnen und Frankfurter 1956 zum ersten Mal ihre Wagen vorsichtig die Rampe hinaufsteuerten – mit klopfendem Herzen, aber auch mit dem Gefühl, Teil von etwas Neuem zu sein.
Das Parkhaus war mehr als nur Beton und Stahl – es war ein Symbol dafür, dass Frankfurt wieder aufblühte, dass man nach vorne blickte. Und vielleicht, wenn man genau hinhört, hallt zwischen den Wänden dieses alten Bauwerks immer noch ein kleines Echo jener Aufbruchsstimmung.
Euer Dimitri
Stadtführer in Frankfurt